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Namaste aus Nepal

Endlich: nach 6 Wochen „Trockenprojektarbeit“ und Fundraising-Marathon bin ich vorgestern nun selbst in Kathmandu angekommen. Bis 28. Juni bleibe ich in Nepal und setze mich mit Bhagwan, unseren Teams und Partnern für das Fortschreiten der Erdbebenhilfe in Nepal ein. Zum einen wieder mit trockener Projektarbeit (Bestandsaufnahme, Recherche, Planung, Expertenaustausch, Kalkulation, etc.). Zum anderen aber auch ganz unmittelbar und mit „Muskelkraft“: bei unserem ersten Erdbebenhilfe-Workcamp in Swaragau, das am Montag beginnt. Am Wochenende kommen unsere 4 Pioniere in Kathmandu an.
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Good News FIRST: wir haben mit eurer Hilfe nun 110.000 Euro Spendengelder eingenommen! Eine Summe, die schwer vorstellbar ist. 110.000 Euro!  Unseren Spendenaufruf für Swaragau können wir hiermit vorerst offiziell abschließen! J Wir danken euch von Herzen – ihr seid unglaublich. Unglaublich!!!!! Wie soll man den Dank in Worte fassen? Das ist nicht möglich.
Und nun? Nun fließt all unsere Energie in die sinnvolle, nachhaltige Verteilung bzw. „Verwandlung“ dieser enormen Spendensumme. Verwandlung in Projekte, die immer möglichst vielen Menschen den größtmöglichen Benefit bringen. Das geschieht nicht von heute auf morgen, sondern bedarf gründlicher Vorarbeiten. Das heißt: wir brauchen auch Geduld. Geduld und Ausdauer. Die nächsten 2 Jahre stehen im Zeichen der Erdbebenhilfe, dem Wiederaufbau, dem Neubeginn.
In 3 Phasen:
Akuthilfe
Schaffung von Notinfrastruktur
Wiederaufbau fester Infrastruktur
Bis dato haben wir 17.000 Euro in die Akuthilfe und die Schaffung von Infrastruktur investiert – in den Regionen Swaragau, Gaujini und Jhor.
Unsere Maßnahmen aus Phase 1 und Phase 2 werden wir im Juli weitgehend abschließen können. Dann geht es um Phase 3, den Aufbau fester, erdbebensicherer Infrastruktur. Und dorthin wird das Gros der Spenden fließen.
Als wir, Matthias und ich, am 25. April vom Erdbeben erfuhren, saßen wir im Pyjama beim Frühstück. Die Nachricht war ein furchtbarer Schock. Wir haben innerhalb weniger Stunden eine Spendenaktion ins Leben gerufen – etwas Neues für uns, da wir ansonsten immer durch Unternehmertum Entwicklung und Projekte voranbringen und finanzieren. Wir wussten: jetzt müssen wir alle zusammenhelfen, an die Öffentlichkeit gehen, Energien, Gelder bündeln, um möglichst schnell und viel helfen zu können. Wir wollten v.a. „unseren“ blinden und sehbeinträchtigten Kindern aus Swaragau helfen. Das Blindenheim, das zerstört wurde, wiederaufbauen. Soforthilfe für das ganze Dorf leisten, das so schwer vom Beben getroffen wurde. Und unseren anderen Freunden in Nepal helfen, die wir so lange kennen, die mit uns arbeiten, die mit Karmalaya eng zusammenarbeiten.
Nun dürfen wir uns über eine Summe freuen, die alle Hoffnungen bei weitem überschreitet. Und können und dürfen daher noch mehr Impact schaffen. Wir werden neben dem Blindenheim auch die zerstörte Dorfschule komplett neu aufbauen. Ein neues, anspruchsvolles, herausforderndes Großprojekt. Wieder ein klein wenig Neuland. Wir sprechen mit Ingenieuren und Architekten, informieren uns über erdbebensichere Bauweisen, netzwerken. Heute tauschten wir uns dazu u.a. mit Inge Patsch aus, die 2011 für 8 Wochen mit uns einen Freiwilligeneinsatz in Nepal absolvierte. Sie blieb in Nepal und leitet heute gemeinsam mit ihrem Mann Saroj Bastola die lokale Bildungseinrichtung VHS Bhaktapur. Sie ist außerdem Gründerin des Vereins Monon.eu, der  gemeinnützige Einrichtungen berät und bei der Organisations-Entwicklung unterstützt.
Außerdem haben wir mehrere Stunden mit dem Social Entrepreneur Arjan KC gesprochen, der sich gemeinsam mit „make sense Nepal“ ebenfalls stark in der Erdbebenhilfe engagiert. Außerdem setzt er sich mit seinem kreativen Startup MastMind Studios und innovativen Classroom Technology-Projekten für die Verbesserung der Schuldbildung in Nepal ein.
Am Sonntag oder Montag werde ich mit 2 Zivilingenieuren nach Swaragau vorfahren (unsere Volunteers und Bhagwan kommen spät. am Mittwoch nach). Wir brauchen eine genaue Grundstücksbestandaufnahme (mit Aufmaß und Nivellement), müssen die genauen Anforderungen an die beiden Gebäude definieren, Grundrissvorstellungen skizzieren, uns Gedanken über die Erschließung des zweiten Stockwerks der neuen Schule machen (innen oder außenliegende Treppenanlage), über die Baumaterialien (was kann in der Region gut und günstig geliefert werden?) und den generellen Materialtransport. Dann geht es in die nächste Phase. Ein deutscher Architekt, der ein spezielles, sehr interessantes, erdbebensicheres Hausmodell entwarf, bot uns seine Unterstützung an! Sobald wir von Swaragau mit den aktuellsten Daten zurückkommen, führen wir weitere Gespräche mit ihm und gehen in die nächste Phase.


Abschließend  heute einige aktuelle Impressionen und Eindrücke von mir aus Nepal – Bilder/Videos aus den vergangenen 3 Tagen. Dienstag und Mittwoch war ich viel in Kathmandu unterwegs – und habe dort (ich war noch nicht in der Altstadt) nur 2 eingestürzte Häuser gesehen. Die Straßen sind alle intakt. Es wirkt fast wie immer. Heute war ich in der Altstadt von Bhaktapur, die das Erdbeben besonders schwer getroffen hat.

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Ankunft am Tribhuvan International Airport in Kathmandu. Was sieht man, wenn man zu Fuß vom Flieger zum Flughafengebäude geht? Hilfsgüter! Hilfsgüter, die den Zoll nicht passieren können. Es fehlen einem die Worte.


IMG_3418GREAT NEWS!! Nach all den Jahren ohne Verfassung hat die Erdbeben-Katastrophe Nepals zerstrittene Politiker nun zusammenrücken lassen. Endlich haben die Parteien ihren Streit beigelegt und sich auf eine neue Verfassung geeinigt! Mit der Verfassung wird auch offiziell der Friedensprozess abgeschlossen, der 2006 mit der Niederlegung der Waffen durch die Maoisten begonnen hatte. Sie hatten zuvor zehn Jahre lang gewaltsam für die Abschaffung der Monarchie in Nepal gekämpft. In dem Bürgerkrieg wurden mehr als 16.000 Menschen getötet.
[wpvideo AH9y6nQG] Auf dem Weg vom Flughafen zum Volunteerhaus. 
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Besuch in „unserem“ Child Care Center, das wir seit 2014 mit Access initiiert haben und seither finanzieren. Eine Kindertagesstätte für Kinder von besonders armen und bedürftigen Familien in Kathmandu. Die letzten 5 Wochen war das Center geschlossen, die Kinder bei ihren Familien. Seit ein paar Tagen haben wir wieder geöffnet. Es kehrt ein wenig Normalität ein. Unbeschwerte Momente. Gokul arbeitet gerade mit Psychologen an einem Mental Healthcamp Programm für Erdbeben-Opfer. Im Juli werden wir mit einem seiner Teams auch in unserem Herzprojekt in Swaragau ein Mental Healthcamp organisieren. Psychologische Nachbetreuung nach der Katastrophe, Aufarbeitung. 
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Besuch bei „Shakti Milan Bags“. Shakti Milan Bags ist eine Initiative, die gezielt Frauen mit niedrigem sozialen Status in Nepal unterstützt. Das sind z.B. Frauen aus der Kaste der Unberührbaren, Frauen mit HIV Infizierung oder ehemalige Kindersklavinnen. Solche Frauen haben in Nepal so gut wie keine Rechte und kaum Chancen auf ein selbstbestimmtes und gewaltfreies Leben. Shakti Milan Bags unterstützt gezielt diese Zielgruppe und bietet ihnen neben einem fair entlohnten und gewaltfreien Arbeitsplatz auch Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung. Eine wundervolle Initiative, die 2014 von unserer ehemaligen Voluntärin Kerstin Prothmann im Rahmen ihres Einsatzes in Nepal gestartet  wurde. Man weiß nie, wohin ein Freiwilligenaufenthalt führt 🙂
Kerstin und Oliver Prothmann bzw. Shakti Milan Bags haben unser Herzprojekt ebenfalls großzügig mit Spenden unterstützt! Kerstin Prothmann war zum Zeitpunkt des Erdbebens sogar in Nepal und überraschte Bhagwan noch im April mit in einer 500-Euro-Sofortunterstützung. Gestern sollten weiteren 1.000 Euro (!!) speziell an unser Blindenprojekt gehen!  Wir durften freudig verkünden, dass unsere Spendenaktion für die Erdbebenhilfe in Swaragau aktuell abgeschlossen ist – weil wir die Mittel zum Wiederaufbau der Projekte  und weitere Maßnahmen nun bereits eingenommen haben. Natürlich helfen wir auch weiterhin noch stark in anderen Bereichen und Regionen, bauen u.a. weiter zahlreiche Notshelter und Toiletten in Gaujini auf. Da das Geld aber gezielt nach Swaragau gehen sollte, haben wir dies direkt so kommuniziert. Weil wir in diesem Fall sonst auch anderen NGOs noch diese Chance geben möchten. NGOs, die vielleicht nicht das Glück haben, über ein so starkes Netz aus Europa zu verfügen und noch akut Gelder brauchen. 

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Die Altstadt von Bhaktapur. Trotz schwerster Schäden und Verluste: einige Tempel und Gebäude stehen noch. Seit heute ist der Durbar-Platz für Touristen wieder geöffnet. 
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Inspirierender Nachmittag mit Sozialunternehmer Arjan KC und Bhagwan in Bhaktapur. Wenn Arjan sich gerade nicht aktiv für die nachhaltige Erdbebenhilfe in Nepal einsetzt, dann setzt er sich mit seinem kreativen Startup MastMind Studios und innovativen Classroom Technology-Projekten für die Verbesserung der Schuldbildung in Nepal. 
Sobald ich von Swaragau wieder nach Kathmandu zurückgekehrt bin, werde ich weitere neue Bilder und Berichte liefern. Wir möchten während des Workcamps mindestens 4 weitere Häuser aufbauen – außerdem mindestens 10 Toiletten! Bis Mitte Juli werden wir – wenn alles nach Plan läuft – das ganze Dorf mit dringend benötigten Toiletten unterstützt haben (insgesamt 60 Toiletten).
Wir danken euch!!
Bis bald und viele liebe Grüße aus Kathmandu,
Tina